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Blickpunkt Österreich: Was verdienen die Haushalte mit ihrem Ersparten?

Trotz jahrelanger Null- und Negativzinsen fremdeln die österreichischen Haushalte weiter mit „der Aktie“. Die Folge: Das reale Veranlagungsergebnis ist deutlich niedriger als in den meisten Euroländern. Über die letzten 10 Jahre summierten sich die Kaufkrafteinbußen der Sparguthaben auf 13.300 Euro pro Haushalt. Die Zinswende bringt etwas Entspannung, auch Anleiheinvestitionen werden wieder attraktiv. Zuflüsse in letztere Anlagekategorie sind wieder erkennbar, sollten aber kein Substitut für Aktieninvestitionen sein. Strukturell gilt es die hohen Bestände an täglich fälligen Einlagen – soweit in der individuellen Finanzplanung möglich – vermehr in Sparformen zu bringen (Festgelder, Anleihen, Aktien).

Österreich: Deutlicher realer Wertverlust der Sparguthaben

Nach Jahren der Nullzinsen ist die Zinswende längst bei den Sparern angekommen, der „Zinsgewinn“ beläuft sich auf immerhin EUR 2,6 Mrd. p.a. oder durchschnittlich 650 Euro pro österreichischem Haushalt. Am Umstand, dass die Haushalte ebenso heuer einen realen Wertverlust mit Sparbuch & Co erleiden werden, ändert das freilich nichts. Und auch wenn das reale Minus sicherer Veranlagungsformen im Vorjahr mit 7,7 % seinesgleichen sucht, waren reale Wertverluste in den letzten zehn Jahren (2013-2022, nur Zinserträge ohne Kursveränderungen von Anleihen) nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Über die Jahre summierten sich die Kaufkrafteinbußen der Sparguthaben (inkl. Anleihen) auf EUR 53 Mrd. Das sind nicht weniger als 13.300 Euro pro Haushalt.

Österreich: Veranlagungsergebnisse der priv. Haushalte 2013-22 (nom. Rendite in ø % p.a.)
Quelle: Eurostat, Refinitiv, RBI/Raiffeisen Research

Nur etwas besser sieht es aus, wenn nicht nur die sicheren Veranlagungsformen der Haushalte berücksichtigt werden, sondern auch Aktien und Investmentfonds. Das ist schade. Denn Dividenden und Kurserträge bescherten den österreichischen Haushalten zwischen 2013 und 2022 satte nominale Aktienerträge von durchschnittlich 8,9 % p.a. und damit weit mehr als die Inflation. Dass die gesamten Ersparnisse der Haushalte trotzdem real an Wert verloren haben, liegt an der niedrigen Aktienquote. Etwa 5 % der Ersparnisse werden in Aktien gehalten (ohne Aktienfonds). Fast nirgendwo sonst in der Eurozone sind Aktien unbeliebter, auch wenn in den letzten Jahren verstärkt in Aktien investiert worden ist.

Die Folge: In Westeuropa gibt es kein Land, in denen die Ersparnisse der Haushalte einen geringeren Ertrag abwerfen als in Österreich!

Veranlagungsergebnisse priv. Haushalte 2013-2022 (ø-Rendite, % p.a.)*
* Vermögenswerte priv. Haushalte (inkl. priv. Organisationen ohne Erwerbszweck) gemäß gesamtwirtschaftlicher Finanzierungsrechnung bestehend aus Bargeld, (tägl. fällige/sonstige) Einlagen, verzinslichen Wertpapieren, (börsennotierten u. nicht-börsennotierten) Aktien, Investmentfonds, (Lebens-)Versicherungsansprüchen, kapitalgedeckten Pensionsansprüchen, Ansprüchen ggü. betrieblichen Vorsorgekassen. Zinserträge (sowohl von Einlagen als auch verzinslichen Wertpapieren) gemäß VGR, Dividendenerträge wurden mit Dividendenrenditen der nationalen Aktienindizes (z.B. ATX) bzw. Euro Stoxx 50 (wenn keine Dividendenrenditen nat. Indizes verfügbar) approximiert.
Quelle: Eurostat, Refinitiv, RBI/Raiffeisen Research

Dass es auch anders geht, zeigt beispielsweise der Blick nach Finnland. Ein finnischer Haushalt hält gut 30 % seiner Ersparnisse in Einzelaktien. Die Haushalte im Norden Europas konnten somit in den letzten zehn Jahren mit ihren gesamten Ersparnissen jährlich ein reales Plus von über drei Prozent pro Jahr erzielen. Während also finnische (aber auch griechische oder irische) Haushalte ihr Geld für sich arbeiten lassen, arbeiten österreichische (und deutsche) Haushalte für ihr Geld (um den realen Wertverlust auszugleichen).

Je höher die Aktienquote, desto höher der Ertrag
Quelle: Eurostat, Refinitiv, RBI/Raiffeisen Research

Etwas mehr Risikofreude (=die einzelnen Anlageklassen haben die gleichen Gewichte wie in NL, GR, FR, IE) hätte den österreichischen Haushalten dabei in den letzten zehn Jahren einen zusätzlichen Ertrag von EUR 76 Mrd. beschert – das sind nicht weniger als 19 500 Euro pro Haushalt. Dass hierzulande Aktien nur ein Schattendasein fristen, ist dabei besonders bitter. Denn den damit einhergehenden unterdurchschnittlichen nominalen Erträgen der Ersparnisse steht die bekanntlich überdurchschnittliche Inflation gegenüber.

Fazit/Ausblick

Österreich ist und bleibt ein Land der sicherheitsorientierten Anleger. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Aktienquote in den letzten zehn Jahren und insbesondere seit Pandemiebeginn angestiegen ist (2018: 3,9 %; 2021: 6 % Aktienanteil am Bestand). Mit Blick auf den langfristigen Vermögensaufbau lassen die österreichischen Haushalte damit ein beträchtliches Ertragspotenzial ungenutzt. Denn spätestens seit der Eurokrise war realer Wertzuwachs nur mit einer höheren Beimischung von Aktien/Aktienfonds zu erzielen. Natürlich ist die Wahl der Sparform eine höchst individuelle. Gleichzeitig werden jedoch auf politischer Ebene keine Versuche unternommen, die Aktienquote zu erhöhen. Die KESt-Befreiung bei einer längeren Behaltedauer ist und bleibt daher ein notwendiger Schritt. Fast noch wichtiger ist jedoch die Betonung der Ertragspotenziale und Ertragsvorteile einer langfristigen und breit gestreuten Aktieninvestitionen.

Gleichzeitig bieten sich auch im Bereich der festverzinslichen Wertpapiere in Zeiten der Zinswende erstmals wieder echte Renditepotenziale. Die geldpolitische Kehrtwende der EZB im Sauseschritt hat dazu geführt, dass sich der 10-jährige Kapitalmarktzins im Euroraum von -0,3 % zu Jahresbeginn 2022 auf derzeit knapp 3 % aufgeschwungen hat. Zudem gibt es wieder Risiko- und Liquiditätsprämien am Kapitalmarkt. Die österreichische zehnjährige Rendite weist wieder einen erkennbaren Zinsaufschlag gegenüber deutschen Bundesanleihen auf und rentiert derzeit bei fast 3,5 %. Solide Bonitäten im privaten Firmenbereich (Euroraum) bieten derzeit Anleihe-Verzinsungen von 4-5 %.

Das neue Veranlagungsumfeld am Kapitalmarkt haben (einige) Haushalte in Österreich längst erkannt. So stieg der Anteil verzinslicher Wertpapiere am gesamten Finanzvermögen nach einem jahrelangen (Q4 12-Q3 22) Rückgang infolge der Null- und Negativzinsen im bisherigen Jahresverlauf wieder spürbar an: Von 2,4 % im dritten Quartal 2022 auf immerhin 3 % in Q2 23 (vor der Nullzinsphase der letzten Jahre lag die Anleihenquote immerhin bei fast 8 %!). Konkret investierten die österreichischen Haushalte im ersten Halbjahr 2023 netto EUR 4 Mrd. auf dem Anleihemarkt, nachdem 2020-2022 noch in Summe EUR 2,7 Mrd. von österr. Privatanlegern aus dem Anleihemarkt abgezogen worden sind.

Zuflüsse in den Anleihemarkt sind derzeit aus langfristiger Veranlagungsperspektive äußerst attraktiv. Durch zu erwartende Kurssteigerungen bei möglichen Leitzinssenkungen in 2024 und 2025 kann es möglich sein in den kommenden Jahren statistisch erwartbare Aktienmarktrenditen im Bereich von 7-8 % mit breit gestreuten Veranlagungen im Zinsbereich zu erwirtschaften. Investitionen privater Haushalte am Anleihemarkt sind damit derzeit durchaus stimmig, sollten aber kein Substitut für Aktieninvestitionen sein. Strukturell gilt es die hohen Bestände an täglich fälligen Einlagen – soweit in der individuellen Finanzplanung möglich – vermehr in Sparformen zu bringen (Festgelder, Anleihen, Aktien).

Derzeit beträgt der Bestand an Einlagen immer noch knapp über 35 % des Finanzvermögens österreichischer Haushalte. Seit dem Jahr 2014 ist hier keine wirkliche Veränderung mehr erkennbar, während zuvor die "Einlagequote" von knapp 45 % (im Jahr 2000) bis 2014 um fast zehn Prozentpunkte gefallen ist. Zudem gilt, dass österreichische Haushalte derzeit fast 66 % ihres Einlagenbestandes in täglich fälligen Einlagen halten und nur knapp über 30 % in Spareinlagen. Zum Vergleich: Im Jahr 2009 war die Relation 30 % zu 70 % (täglich fällige Einlagen vs. Spareinlagen). Wenn man die aktuellen Bestände an täglich fälligen Einlagen heranzieht, bestünden damit gemäß historischer Relation ein Umschichtungspotential von knapp über EUR 100 Milliarden heraus aus täglich fälligen Einlagen in Richtung von Sparformen (Festgelder, Anleihen, Aktien).

Verteilung Bankeinlagen priv. Haushalte Österreich (%)
Quelle: OeNB, RBI/Raiffeisen Research
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Matthias REITH

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Matthias Reith blickt auf mehr als 10 Jahre Erfahrung bei Raiffeisen Research zurück. Damals wie heute ist er verantwortlich für die Analyse der österreichischen Volkswirtschaft, im Jahr 2020 hat er zudem maßgeblich das österreichische Bundesländer-Immobilienresearch mit aufgebaut. Ferner befasst sich Matthias Reith mit anderen Euroländern sowie der gesamten Eurozone und nimmt dabei neben der Konjunktur insbesondere die Fiskalpolitik ins Visier. Matthias Reith kann neben regelmäßiger Vortragstätigkeit auch mehrjährige Unterrichtserfahrung vorweisen. Wandern zählt zu seinen Hobbys, das Land seiner schwerpunktmäßigen Analyse hat Matthias Reith zu Fuß von Ost nach West durchquert.

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Gunter DEUBER

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Gunter Deuber leitet seit 1. Jänner 2021 den Bereich Volkswirtschaft und Finanzanalyse (Raiffeisen Research) in der Raiffeisen Bank International (RBI). Seit 2011 ist Gunter Deuber in leitender Position im Volkswirtschafts- und CEE-Research der RBI tätig und hat die Zusammenarbeit mit seinen Research-Kollegen in den Tochterbanken der RBI in CEE kontinuierlich ausgebaut. Seit Anfang der 2000er Jahre analysiert er Volkswirtschaften, Bankensektoren und Marktthemen mit Fokus auf CEE- und EU/Euro-Themen für die RBI in Wien, aber auch im internationalen (Investment-)Banking-Kontext in Frankfurt. Er präsentiert die Sicht von Raiffeisen Research und seines Analyseteams regelmäßig auf Investoren- und Kundenveranstaltungen. Er ist ein gefragter Redner auf zentralen Veranstaltungen der Finanz- und Bankenbranche und Gastlektor an mehreren Universitäten/Lehranstalten. Im Jahr 2019 wurde er für das IVLP (International Visitor Leadership Program) des US-Außenministeriums nominiert. Gunter hat mehrere Sammelbände zu Euro-/EU-Krisenthemen veröffentlicht und diverse Artikel in Fachzeitschriften und Branchenmagazinen publiziert. Außerhalb des Büros genießt Gunter das Reisen mit seiner Familie und das Langstreckenlaufen.