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Fokus Immobilien: Von Feldkirch bis Neusiedl - Die Bezirke Österreichs im Blick

Die Immobilienmärkte der einzelnen Bundesländer & Bezirke mögen Gemeinsamkeiten haben, am Ende des Tages ist kein regionaler Markt wie der andere. „Leistbarkeit“ ist das Thema Nr. 1 - günstigere und damit leistbarere Bezirke haben sich in Zeiten hoher Zinsen daher besser geschlagen als die teuren Pflaster Österreichs. Bedeutungslos sind die anderen fundamentalen Rahmenbedingungen aber auch dieser Tage nicht. Vielmehr stellen hohes Bevölkerungswachstum und knappes Angebot sowie eine herausragende Bedeutung des Tourismus „mildernde Umstände“ dar. In Teilen Niederösterreichs sowie Kärntens ist der Preisrückgang bisher am geringsten ausgefallen oder sogar ausgeblieben, während die Vorarlberger Bezirke zu den österreichweiten Schlusslichtern gehören. Auch 2024 dürfte die preisliche Schere innerhalb Österreichs kleiner werden. Allerdings sollten die Jahre 2022, 2023 und 2024 nicht als Auftakt zu einer langfristigen Preiskonvergenz innerhalb Österreichs gesehen werden.


Es gibt nicht den einen österreichischen Immobilienmarkt

Zinswende und regulatorische Zeitenwende (Stichwort KIM-V) hin oder her: Die Preisrückgänge auf dem österreichischen Wohnimmobilienmarkt sind trotz des „doppelten Gegenwindes“ bisher überraschend gering ausgefallen. Österreichweit verbilligte sich Wohneigentum seit dem Erreichen des Preisgipfels im dritten Quartal 2022 lediglich um 4 % (wobei klar zwischen Neu- und Gebrauchtimmobilien unterschieden werden muss, siehe hier). Zum Vergleich: Allein in den beiden Jahren zuvor (2021-2022) kletterten die Immobilienpreise um satte 23 %. Doch natürlich gibt es nicht den einen österreichischen Immobilienmarkt. Die Immobilienmärkte der einzelnen Bundesländer mögen Gemeinsamkeiten haben, am Ende des Tages ist kein regionaler Markt wie der andere. Sooft der Wiener Immobilienmarkt im Fokus steht, so wenig ist er repräsentativ für die anderen Bundesländer. Zudem gilt: Auch innerhalb der Bundesländer auf Bezirksebene sind die Unterschiede mitunter beträchtlich. Beispiel Niederösterreich: Während das Wiener Preisniveau auf die umliegenden Bezirke Niederösterreichs ausstrahlt, kennt man derartige Spitzenpreise im Waldviertel nur vom Hörensagen. Der österreichische Immobilienmarkt besteht somit weniger aus 9 regionalen, sondern eher aus 116 lokalen Teilmärkten (wobei in dieser Analyse die 93 Bezirke außerhalb Wiens im Fokus stehen).

Doch in welchen Bezirken abseits der Bundeshauptstadt sind die Preise von Einfamilienhäusern (Wohnungen werden an dieser Stelle nicht berücksichtig) bisher am stärksten zurückgegangen, wo sind die Preise weiter emporgeklettert? Und vor allem: Wie kann es sein, dass fortgesetzte Preisanstiege und deutliche Preisrückgänge mitunter nur wenige Kilometer auseinanderliegen?

Bezirke: Gewinner & Verlierer in Zeiten hoher Zinsen

Der Blick unter die gesamtösterreichische Oberfläche abseits der Bundeshauptstadt zeigt: Während Wohneigentum in immerhin 8 Bezirken auch in den letzten eineinhalb Jahren teurer geworden ist, wurden andernorts satte Preisrückgänge von über 10 % verzeichnet. Von den seit Sommer 2022 gesehenen Preiszuwächsen der Bezirke Imst (+6,7 % seit Q3 22), Gmünd (+1,7 %) und Horn (+0,6 %) kann demnach in Tamsweg (-11,0 %), Wolfsberg (-11,0 %) und Lienz (-9,9 %) keine Rede sein.


Bezirke: Immobilienpreise seit der Zinswende - Spitzenreiter & Schlusslichter*
* Veränderung (%, Q3 22-Q4 23) m2-Preise (Transaktionspreise) Einfamilienhäuser
Quelle: DataScience Service GmbH, RBI/Raiffeisen Research


Dass im erweiterten Spitzenfeld (Top 15) auffallend häufig preisgünstige Bezirke vorzufinden sind, ist dabei beileibe kein Zufall. Denn der österreichweite Bezirksvergleich verdeutlicht: Je niedriger das Preisniveau, desto besser haben sich die lokalen Immobilienmärkte in Zeiten der Zinswende geschlagen. Demgegenüber waren es häufig die teuren Pflaster Österreichs, die zuletzt die größten Preiskorrekturen verkraften mussten. Das preisliche Gefälle innerhalb Österreichs ist somit seit Mitte 2022 kleiner geworden. Dass sich einige Bezirke diesem Trend „widersetzt“ haben, ist unter „Ausnahmen bestätigen die Regel“ zu verbuchen – und hat zumeist gute Gründe (dazu später mehr).

Preisniveau vs. Preisveränderung
* Transaktionspreise EUR/m2, Einfamilienhäuser; rot: „Ausreißer“
Quelle: Data Science Service GmbH, RBI/Raiffeisen Research

Einflussfaktoren: Immobilienmarkt bewegt sich nicht im „luftleeren“ Raum

Der Immobilienmarkt bewegt sich natürlich nicht im „luftleeren“ Raum, sondern wird maßgeblich von den äußeren Rahmenbedingungen beeinflusst. Leistbarkeit (Kaufpreise, Einkommen & Zinsen), Bevölkerungswachstum, Tourismus, Verfügbarkeit von Bauland, öffentliche Anbindung: Die Liste der Einflussfaktoren, die dem Immobilienmarkt ihren Stempel aufdrücken, ist lang. Doch lassen sich damit auch die jüngsten Entwicklungen auf dem inner-österreichischen Immobilienmarkt erklären? Unsere Modellergebnisse zeigen (Details siehe Kapitel „Das Modell“): Die gesunkene Leistbarkeit infolge der Zinswende mag den Immobilienmarkt derzeit entscheidend prägen – bedeutungslos sind die anderen fundamentalen Rahmenbedingungen aber auch dieser Tage nicht. Vielmehr stellen hohe Nachfrage (Bevölkerungswachstum) und knappes Angebot (Baulandreserven) sowie eine herausragende Bedeutung des Tourismus (Nächtigungen pro Einwohner) „mildernde Umstände“ dar. Leistbarkeit, Angebot & Nachfrage sowie Tourismusintensität: Diese Faktoren sind es denn auch, mit denen bis auf sehr wenige Ausnahmen (Imst, Wolfsberg) die lokalen Immobilienpreistrends der letzten eineinhalb Jahre erklärt werden können.

Leistbarkeit

Das Thema „Leistbarkeit“ von Wohneigentum ist zwar schon seit vielen Jahren ein heiß diskutiertes. Ungeachtet dessen hat sich der Preisanstieg aber bis zur Zinswende munter fortgesetzt. Denn den kontinuierlich steigenden Immobilienpreisen stand der ebenso kontinuierliche Zinsrückgang gegenüber. Der Anteil des Haushaltseinkommens, der bei kreditfinanziertem Eigentumserwerb für den monatlichen Schuldendienst aufgewendet werden musste, ist deshalb trotz deutlich höherer Kaufpreise jahrelang konstant geblieben. Eine Zinswende später ist die Situation freilich eine gänzlich andere, die (Un-)Leistbarkeit von Wohneigentum ist zu dem zentralen limitierenden Faktor geworden. Die einzelnen Bezirke sind davon jedoch unterschiedlich stark betroffen. Das inner-österreichische „Leistbarkeits-Gefälle“ ist dabei im Wesentlichen ein Spiegelbild des Preisgefälles. So sind es hauptsächlich Preisunterschiede, die Leistbarkeitsunterschiede bedingen, und weniger Einkommensunterschiede. Letztere schwanken in weitaus geringerem Maße als die Immobilienpreise, auch aufgrund der umverteilenden Wirkung des Steuer- und Sozialsystems. Das heißt: Teurere Bezirke sind gleichzeitig auch weniger leistbare Bezirke, während die Leistbarkeit in preisgünstigen Regionen deutlich höher ist. So reicht ein Innsbrucker Jahresbruttoeinkommen gerade einmal aus, um 2,7 Quadratmeter Wohnraum in der Tiroler Landeshauptstadt zu erwerben. Im niederösterreichischen Bezirk Gmünd bekommt man für einen ortsüblichen Jahresverdienst hingegen fast 19 Quadratmeter. Zwar sind Wohnobjekte in den zumeist im Westen gelegenen teureren Bezirken und Bundesländern etwas kleiner, während sich Haushalte beispielsweise im preisgünstigeren Osten größere Einfamilienhäuser leisten können. An den höheren Kaufpreisen im westlichen Teil Österreichs ändert das aber nichts. Höherpreisige Bezirke haben somit derzeit einen „Wettbewerbsnachteil“, während Bezirke mit niedrigeren Immobilienpreisen in Sachen Leistbarkeit einen „Wettbewerbsvorteil“ haben.

Leistbarkeit vs. Preisveränderung
* Anzahl der Quadratmeter eines Einfamilienhauses, die im dritten Quartal 2022 mit einem durchschnittlichen Jahresbruttoeinkommen (2021) erworben werden konnten; rot: „Ausreißer“
Quelle: Statistik Austria, WIFO, DataScience Service GmbH, RBI/Raiffeisen Research

Und das zeigt sich auch sehr deutlich beim Blick auf die seit der Zinswende gesehene Preisentwicklung: Je besser die Leistbarkeit, desto geringer die seit Mitte 2022 gesehenen Preisrückgänge. So sind die bereits erwähnten „Spitzenreiter“ der Bezirks-Rangliste – Gmünd (+1,7 %) und Horn (+0,6 %) – aufgrund ihres niedrigen Preisniveaus eben auch besonders leistbare Bezirke. Anders die Situation in Salzburg und vor allem in Vorarlberg. Dornbirn, Feldkirch und Hallein sind nicht nur Bezirke mit einer besonders angespannten Leistbarkeit, sondern auch Bezirke, in denen Einfamilienhäuser (fast) die stärksten Preisrückgänge verzeichnet haben (etwa 10 %). Generell gilt: Jeder zusätzliche Quadratmeter Wohnraum, der mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen erworben werden kann, verringert den Preisrückgang um nicht weniger als 0,6 Prozentpunkte (die Schätzung beruht auf einem Modell, mit inhärenten Unsicherheiten; mehr dazu im Kapitel „Das Modell“). Kein anderer Einflussfaktor drückt den lokalen Immobilienmärkten momentan derart seinen Stempel auf wie die Leistbarkeit.


Leistbarkeit*
* Anzahl der Qudratmeter, die vor der Korrektur Q3 2022 mit einem durchschnittlichen Jahresbruttoeinkommen (2021) erworben werden konnten
Quelle: Statistik Austria, WIFO, RBI/Raiffeisen Research

Bevölkerungswachstum

Die Leistbarkeit ist also der dominierende, aber nicht der einzige Faktor, der die lokalen Immobilienmärkte derzeit prägt. Dass viele Bezirke trotz besonders angespannter Leistbarkeit nur eine unterdurchschnittliche oder sogar gar keine Preiskorrektur verzeichnet haben, ist daher durchaus gerechtfertigt. Und zu diesen „mildernden Umständen“ zählt in erster Linie das Bevölkerungswachstum. Viele Jahre lang war die demografische Entwicklung sogar der wichtigste Treiber regionaler und lokaler Immobilienpreise. Der bis 2022 vorherrschende zinsseitige Rückenwind für den Immobilienmarkt war auch im Westen Österreichs zu verspüren und verhinderte, dass die damals schon angespannterer Leistbarkeit die Preisentwicklung in Vorarlberg, Tirol und Salzburg nennenswert abgebremst hat. So waren bis 2022 die westlichen Regionen Österreichs (und Wien) nicht nur jene mit dem höchsten Bevölkerungswachstum, sondern eben auch mit dem höchsten Preiswachstum – geringere Leistbarkeit hin oder her. Nun ist die Leistbarkeit in Zeiten hoher Zinsen tonangebend. Losgelöst von der fundamentalen, sprich demografisch bedingten Nachfrage bewegen sich die Immobilienpreise aber auch heute nicht. Denn die Demografie ist lediglich aus der ersten in die zweite Reihe getreten: Jeder Prozentpunkt zusätzlichen Bevölkerungswachstums in Zeiten niedriger Zinsen (2013-2023, Bevölkerungszuwachs insgesamt) verringert den Preisrückgang in Zeiten hoher Zinsen um etwa 0,14 Prozentpunkte (auch hier gilt: Die Schätzung beruht auf einem Modell, mit inhärenten Unsicherheiten; mehr dazu im Kapitel „Das Modell“). Das bedeutet: Ohne den überdurchschnittlichen Bevölkerungszuwachs der letzten gut zehn Jahre wären die Immobilienpreise in den Vorarlberger (z.B. Dornbirn: +11 % Bevölkerungszuwachs), Tiroler (Kufstein: +11 %) und Salzburger Bezirken (Salzburg-Umgebung: + 9 %) wohl deutlicher zurückgegangen. Der in vielen dieser Bezirke durch den dynamischen Einwohnerzuwachs entstandene Mangel an Wohnraum scheint somit die Preiskorrektur zu begrenzen. Demgegenüber bremst in Gmünd und Horn die schwache bis rückläufige Bevölkerungsentwicklung, was aber andererseits mit ein Grund ist für die relativ gute Leistbarkeit in diesen Bezirken (die wiederum stabilisierend wirkt).


Bevölkerungswachstum*
* Gesamtänderung der Bevölkerung von 2013-2023 in %
Quelle: Statistik Austria, ÖROK, RBI/Raiffeisen Research

Tourismus

Immobilienpreise stehen und fallen bekanntlich mit der Nachfrage. Und die ist nicht nur demografisch (sprich fundamental), sondern insbesondere im westlichen Teil Österreichs auch touristisch motiviert (ferner spielen natürlich Veranlagungs- und teilweise Spekulationsgedanken ebenso eine Rolle). Es ist anzunehmen, dass insbesondere die Nachfrage nach Zweitwohnsitzen weniger empfindlich auf das gestiegene Zinsniveau reagiert, da Kreditfinanzierung eine geringere Rolle spielen dürfte als beim klassischen Eigenheimerwerb. Schützt ein hoher Tourismusanteil also vor stärkeren Preisrückgängen? In der Tat kann gesagt werden: Je höher die Tourismusintensität (Nächtigungen pro Einwohner) in einem Bezirk, desto geringer der Preisrückgang, auch wenn der Effekt geringer ist als jener des Bevölkerungswachstums. Trotzdem kommt es wohl nicht von ungefähr, dass das Einfamilienhaus im auch für Tiroler Verhältnisse hochpreisigen Kitzbühel seit Mitte 2022 nicht billiger geworden ist und die Tiroler Bezirke insgesamt (auch abseits des Ausreißers Imst) trotz des hohen Preisniveaus zumeist nur eine vergleichsweise moderate Preiskorrektur verzeichnet haben. Immerhin befinden sich die österreichweiten Tourismus-Spitzenreiter (Top 5 Bezirke mit meisten Nächtigungen pro Einwohner) allesamt in Tirol.


Tourismusintensität*
* Nächtigungen pro Einwohner in der Tourismussaison 2018/19; Intervalle entsprechen den Dezilen der Verteilung
Quelle: Statistische Ämter der respektiven Bundesländer, RBI/Raiffeisen Research

Baulandreserven

Doch nicht nur die Nachfrage beeinflusst maßgeblich die Immobilienpreise, sondern auch das Angebot bzw. die Möglichkeit zur Angebotsausweitung (Baulandreserven). Trifft die Nachfrage auf ein knappes Angebot, steigt der Preis, oder, wie aktuell zu beobachten, fällt der Preisrückgang moderater aus: Je geringer die Baulandreserven (% des noch nicht bebauten, aber gewidmeten Baulandes), desto geringer auch der seit Mitte 2022 verzeichnete Preisrückgang (0,14 Prozentpunkte geringerer Preisrückgang pro zusätzlichem Prozent an Baulandreserven; zu den Limitationen dieser Schätzung siehe Kapitel „Das Modell“). Auch die Verfügbarkeit von Grund und Boden ist somit ein Faktor, der die Auswirkungen von besonders angespannter Leistbarkeit auf den lokalen Immobilienmarkt abfedern kann. Das Thema Baugrundknappheit betrifft dabei (abseits der Bundeshauptstadt) hauptsächlich die Bundesländer Tirol sowie allen voran Salzburg und dürfte ein Grund dafür sein, dass die Preisrückgänge in den Tiroler und Salzburger Bezirken nicht dem entsprechen, was angesichts der geringeren Leistbarkeit zu erwarten wäre. Zwar gibt es auch im Osten des Landes Regionen, in denen das Angebot bei weitem nicht mit der Nachfrage Schritt halten konnte und somit ein Wohnraummangel vorherrscht. Gleichzeitig ist aber selbst dort Baugrundknappheit kein derart limitierender Faktor. Das bedeutet: Die Verfügbarkeit von Bauland hat erst dann einen preisbestimmenden Einfluss, wenn ein echter Mangel daran vorherrscht.


Baulandreserven*
* gewidmetes, aber noch nicht baulich genutztes Bauland, in % der gesamten bebaubaren Fläche 2022; Intervalle entsprechen den Dezilen der Verteilung
Quelle: Statistik Austria, ÖROK, RBI/Raiffeisen Research

Fazit

Seit der Zinswende ist „Leistbarkeit“ das dominierende Thema auf dem österreichischen Wohnimmobilienmarkt – und drückt auch der regionalen Preisentwicklung zwischen Feldkirch und Neusiedl – dem westlichsten und östlichsten Bezirk – seinen Stempel auf. Denn es sind vor allem die preisgünstigeren und damit leistbareren Bezirke, in denen die Preise von Wohneigentum dem doppelten Gegenwind (hohe Zinsen und strengere Kreditvergabestandards) am besten standhalten konnten. Mitunter verteuerten sich die eigenen vier Wände in Bezirken wie Gmünd und Horn seit Mitte 2022 sogar (Q3 22 – Q4 23). Auch in Murau oder St. Veit a.d. Glan hat die weniger angespannte Leistbarkeit Preisrückgänge verhindert. Es verwundert daher nicht, dass sich im Bundesländervergleich der Kärntner Immobilienmarkt seit dem Erreichen des preislichen Höhepunktes am besten geschlagen hat (-2,4 % seit Q3 22), ist das Einfamilienhaus im südlichsten Bundesland österreichweit doch fast am günstigsten. Auch im Burgenland und in Niederösterreich hat sich der Preisrückgang bisher in Grenzen gehalten.

Doch eine angespanntere Leistbarkeit zieht in Zeiten hoher Zinsen nicht automatisch einen deutlicheren Preisrückgang nach sich. Denn es gibt auch „mildernde Umstände“. Andere Faktoren mögen dieser Tage in den Hintergrund getreten sein, von der Bildfläche verschwunden sind sie aber nicht. Trifft in einem Bezirk ein hohes Bevölkerungswachstum auf eine nur eingeschränkte Möglichkeit zur Angebotsausweitung (geringe Baulandreserven) und ist gleichzeitig der Tourismus omnipräsent, können die negativen Auswirkungen der gerade in derartigen Bezirken besonders angespannten Leistbarkeit in Grenzen gehalten werden. So ist es nur auf den ersten Blick verwunderlich, dass das Kitzbüheler Einfamilienhaus trotz Spitzenpreisen nicht günstiger geworden. Auch in Salzburg-Stadt (-0,6 % seit Q3 22) oder in Schwaz (-4,5 %) ist der Eigentumserwerb ungeachtet des hohen Preisniveaus kaum erschwinglicher geworden. Es wird aber auch deutlich: In teuren Bezirken, in denen Baugrund kein (derart) rares Gut und der Tourismus nicht tonangebend ist, sind mitunter deutliche Preisabschläge verzeichnet worden. Hohe Preise, während Baugrund nicht so knapp und/oder der Tourismus nicht so prägend ist wie in Tirol und Salzburg: Dass sämtliche Vorarlberger Bezirke österreichweit fast die größten Preisrückgänge verkraften mussten, kommt nicht von ungefähr (z.B. Dornbirn & Feldkirch jeweils -9 %).

Ausblick: Kein Auftakt zu längerfristiger Konvergenz

Die Zinswende hat also auch eine Wende auf dem inner-österreichischen Immobilienmarkt eingeläutet. Das preisliche Gefälle innerhalb Österreichs ist seit Mitte 2022 nicht noch größer geworden, sondern nimmt erstmals seit Jahren wieder ab. Wird auch 2024 das Thema Leistbarkeit die Oberhand behalten und sich die preisliche Konvergenz fortsetzen? Es ist durchaus anzunehmen, dass sich die Erschwinglichkeit so lange als maßgeblicher preisbestimmender Faktor erweist, bis sich selbige wieder auf akzeptablen Niveaus befindet und die Preiskorrektur auf dem österreichischen Immobilienmarkt abgeschlossen ist. Heißt also: Auch 2024 dürften sich die preisgünstigeren und damit leistbareren Bundesländer (insbesondere Ktn., Bgld.) in einem von weiteren Preisrückgängen gekennzeichneten Umfeld besser behaupten können als die preislichen Hotspots des Landes. Längerfristig gilt jedoch: Immobilienpreise können sich zwar einige Jahre, nicht aber dauerhaft losgelöst von den fundamentalen Einflussfaktoren entwickeln. Und so sollte denn auch nach Abschluss der Preiskorrektur, die (zusammen mit den deutlichen Einkommensanstiegen) die Leistbarkeit zurück auf zumindest akzeptable Niveaus bringen sollte, die Preisentwicklung wieder stärker Spiegelbild der Bevölkerungsentwicklung sein. Die Jahre 2022, 2023 und wohl auch 2024 sollten daher nicht als Auftakt zu einer langfristigen Preiskonvergenz innerhalb Österreichs gesehen werden. Mittel- bis längerfristig spricht somit vieles für Wien und Teile Westösterreich, die auch in Zukunft die demografischen Gewinner sein sollten. Demgegenüber ist der erwartete Bevölkerungsrückgang Kärntens kein sonderlich gutes Umfeld für den regionalen Immobilienmarkt.

Das Modell

Zur Erklärung der Immobilienpreisveränderung auf Bezirksebene seit der Zinswende (Einfamilienhäuser, m2-Transaktionspreise, %-Veränderung Q3 22 - Q4 23) haben wir verschiedene Variablen auf ihren Erklärungsgehalt untersucht und letztendlich vier identifiziert, mit denen die seit Mitte 2022 gesehene regionale Preisveränderung bestmöglich erklärt werden kann. Drei davon sind der Nachfrageseite zuzuordnen (Bevölkerungswachstum, Tourismusintensität, Leistbarkeit) und eine der Angebotsseite (Baulandreserven).

Leistbarkeit: Gemessen anhand der Anzahl an Quadratmetern, die vor der Korrektur (Q3 2022) mit einem durchschnittlichen Jahresbruttoeinkommen (2021) erworben werden konnten. Im Schnitt haben Bezirke mit einem zusätzlichen Quadratmeter pro Jahreseinkommen eine um 0,6 Prozentpunkte geringere Preiskorrektur verzeichnet.

Bevölkerungswachstum: Gesamtveränderung der Bevölkerung zwischen 2013 und 2023 in %. Durchschnittlich zeigten Bezirke mit einem zusätzlichen Prozentpunkt Bevölkerungswachstum im Zeitraum 2013 bis 2023 eine um 0,14 Prozentpunkte schwächere Preiskorrektur.

Tourismusintensität: Gemessen anhand der Nächtigungen pro Einwohner in der Tourismussaison 2018/2019. Durchschnittlich wiesen Bezirke mit einer zusätzlichen Nächtigung pro Einwohner eine um 0,02 Prozentpunkte weniger ausgeprägte Korrektur auf.

Baulandreserven: Gewidmetes, aber noch nicht baulich genutztes Bauland, in % der gesamten gewidmeten Fläche (2022). Durchschnittlich wiesen Bezirke mit einem Prozent weniger verfügbarem Bauland eine um 0,14 Prozentpunkte mildere Korrektur auf.

Um zusätzlich die Wichtigkeit der verschiedenen Variablen in unserem Modell vergleichen zu können, haben wir sie auf eine einheitliche Messgröße normiert. Dabei zeigt sich, dass Leistbarkeit der mit Abstand wichtigste Faktor ist. Sie hat etwa dreimal mehr Gewicht als das Bevölkerungswachstum und die Verfügbarkeit von Baugrund, die beide ähnlich stark ins Gewicht fallen. Die Tourismusintensität spielt im Modell die kleinste Rolle.

Die Ausreißer: Ausnahmen bestätigen die Regel?

Neben der Beleuchtung verschiedener Einflussfaktoren in der Korrektur wäre es natürlich auch interessant zu wissen, ob es Bezirke gibt, die in der aktuellen Korrektur herausstechen - also eine Ausnahme zur Regel bilden. Konkret würde das heißen, dass jene Bezirke, die wir als Ausreißer identifizieren, dem vom Modell implizierten Zusammenhang zwischen Preisveränderung in der Korrektur und den bereits beschriebenen Charakteristika der lokalen Immobilienmärkte nicht folgen.

Die unten dargestellte Grafik hilft uns genau diese Bezirke zu erkennen. Auf der vertikalen Achse betrachten wir den standardisierten Modellfehler, eine positive Abweichung von der Nulllinie bedeutet, dass die vom Modell implizierte Korrekturtiefe höher ist als sie in Realität ausgefallen ist, eine negative Abweichung bedeutet, dass die vom Modell implizierte Korrektur geringer ist als am Markt zu beobachten war.


Anomale Preisentwicklungen
* der Standardisierungskoeffizient der jeweiligen Beobachtung wurde mittels jacknife resampling berechnet
Quelle: Statistik Austrian, ÖROK, WIFO, DataScience Sevice GmbH, RBI/Raiffeisen Research


Nun muss aber bedacht werden, dass das gezeigte Modell bei weitem nicht perfekt ist. Also nicht das ganze Korrekturausmaß kann durch die beschriebenen Variablen in unserem Modell erklärt werden. Würden jetzt alle Bezirke, die eine positive oder negative Abweichung zur vom Modell implizierten Korrektur aufweisen, zu Bezirken erklärt werden, in denen die Korrektur übermäßig stark oder schwach ausgefallen ist, so würden wir viele Bezirke zum Ausreißer erklären, die in Wirklichkeit gar keine sind.

Um eine genauere Aussage darüber treffen zu können, welche Bezirke denn wirklich eine Ausnahme zur vom Modell implizierten Regel bilden, kann eine Eigenschaft des Modellfehlers genutzt werden. Der Modellfehler folgt einer uns bekannten Verteilung, das heißt wir wissen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein sehr großer oder sehr kleiner Modellfehler beobachtet wird. Vorausgesetzt, die dargestellten Bezirke folgen dem vom Modell implizierten Zusammenhang zwischen Preisveränderung in der Korrektur und den bereits beschriebenen Faktoren.

Die oben dargestellte Grafik hilft uns genau jene Bezirke zu identifizieren, die in der Korrekturphase dem vom Modell implizierten Zusammenhang mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht folgen. Die schattierten Flächen in Grün und Rot zeigen uns die Flächen, in denen ein Modellfehler nur mit einer Wahrscheinlichkeit von höchstens 0,35 % fällt. Wir können also mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass die Korrektur in Wolfsberg mit knapp -11 % laut unserem Modell negativer ausgefallen ist als die Charakteristika des Immobilienmarktes es erwarten lassen würden. Genau die gegenteilige Aussage ist für den Bezirk Imst zutreffend: Gegeben der Leistbarkeit, der touristischen Relevanz, der demografischen Entwicklung und der Verfügbarkeit von Bauland ist die Preisveränderung mit einem Plus von 6,75 % deutlich positiver ausgefallen, als es der vom Modell implizierte Zusammenhang erwarten lassen würde.

Zu konservativ bei der Ausreißerbestimmung?

Die Wahl des Schwellenwertes zur Ausreißerbestimmung mag auf den ersten Blick sehr konservativ wirken. Wir erklären nur jene Bezirke zum Ausreißer, bei denen wir einen standardisierten Modellfehler kleiner -3 oder größer 3 beobachten. Somit setzen wir die Wahrscheinlichkeit einen Bezirk, als Ausreißer zu identifizieren, obwohl er keiner ist auf die bereits erwähnten 0,35 %. Dies trifft aber nur zu, wenn wir bereits wüssten, welche Bezirke wir auf den Ausreißerstatus überprüfen möchten, bevor wir den Modellfehler für alle Bezirke betrachten. Was wir bei der Betrachtung der Grafik zum Modellfehler eigentlich tun, ist eine Überprüfung auf den Ausreißerstatus von allen Bezirken in Österreich (exklusive Wien) und nicht von nur einem. Einfacher illustriert ist das ganze mit einem Beispiel. Angenommen wir setzen als Schwellenwert nicht Werte des Modellfehlers, die größer sind als 3 oder kleiner als -3, sondern wählen stattdessen 2 und -2. In diesem Fall wäre die Wahrscheinlichkeit einen solchen Fehler für einen Bezirk zu erhalten, obwohl es sich nicht um einen Ausreißer handelt etwa 5 %. Das klingt immernoch adäquat konservativ, um zu vermeiden, einen Bezirk als Ausreißer von der Regel zu erklären, obwohl er keiner ist. Hier muss jedoch bedacht werden, dass wir nicht nur einen Bezirk betrachten, sondern alle 93 Bezirke Österreichs exklusive Wien. Die Frage sollte also lauten, was ist die Wahrscheinlichkeit durch Zufall mehr als einen Bezirk zu beobachten, der einen standardisierten Modellfehler aufweist der kleiner als -2 oder größer als 2 ist, wenn wir alle 93 Bezirke überprüfen. In diesem Fall wäre die Wahrscheinlichkeit etwa 95 %! Mit dem Schwellenwert von kleiner -3 und 3 beläuft sich die Wahrscheinlichkeit durch Zufall mehr als einen Bezirk zu beobachten auf etwa 4,2 %. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir mit dem deutlich konservativeren Schwellenwert einen Bezirk inkorrekt als Ausreißer zum vom Modell implizierten Regel erklären ist somit relativ gering.

Abschließend stellt sich noch die Frage, ob das nun für Imst bedeutet, dass ein beträchtlicher Korrekturrückstand aufgebaut wurde, oder für Wolfsberg, dass die Korrektur bereits vorausgelaufen ist, oder sogar zu weit gelaufen ist. Die Antwort auf diese Frage gestaltet sich relativ schwierig. Es mag sein, dass sich aus dem auffälligen Status durchaus eine Preisimplikation ergibt. Denn es kann davon ausgegangen werden, dass es in den beiden Bezirken keine Umstände gab, die den Preis wesentlich beeinflusst haben, gleichzeitig aber nicht in das Modell eingeflossen sind. Ein Beispiel für so einen Fall wäre die Errichtung neuer Infrastruktur, die große Teile von Imst zu einem deutlich attraktiverem Wohnort machen würden. Solche oder ähnliche Umstände sind uns nicht bekannt, können aber auch nicht ausgeschlossen werden (wodurch die außergewöhnlichen Preisbewegungen nicht mehr so außergewöhnlich wären).

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Fabian BLASCH

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Fabian Blasch ist seit Oktober 2022 ein Teil des Raiffeisen Research Teams. Seine Abschlüsse in Statistik und Economics ermöglichen es ihm, vorwiegend quantitative Analysen durchzuführen. Neben seinem Interesse an ökonomischen Zusammenhängen nutzt er sein Fachwissen auch, um Einblicke in den österreichischen Immobilienmarkt zu generieren. In seiner Freizeit geht Fabian im Sommer gerne Windsurfen und im Winter Skifahren.

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Matthias REITH

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Matthias Reith blickt auf mehr als 10 Jahre Erfahrung bei Raiffeisen Research zurück. Damals wie heute ist er verantwortlich für die Analyse der österreichischen Volkswirtschaft, im Jahr 2020 hat er zudem maßgeblich das österreichische Bundesländer-Immobilienresearch mit aufgebaut. Ferner befasst sich Matthias Reith mit anderen Euroländern sowie der gesamten Eurozone und nimmt dabei neben der Konjunktur insbesondere die Fiskalpolitik ins Visier. Matthias Reith kann neben regelmäßiger Vortragstätigkeit auch mehrjährige Unterrichtserfahrung vorweisen. Wandern zählt zu seinen Hobbys, das Land seiner schwerpunktmäßigen Analyse hat Matthias Reith zu Fuß von Ost nach West durchquert.