Blickpunkt Fed: Am Gesamtbild wird nicht gerüttelt

Die Fed hält die Leitzinsen konstant und hält sich bedeckt, wann mit einer ersten Zinssenkung zu rechnen ist. Mehr Vertrauen in das Erreichen der Preisstabilität ist nach wie vor erforderlich. Höher als erwartet ausgefallene Inflationswerte im Januar und Februar sind kein Wendepunkt, sondern eher Teil eines holprigen Weges zum Inflationsziel. Betrachtet man die Projektionen der Fed, so bleiben 75 Basispunkte an Zinssenkungen das Basisszenario für 2024 (unverändert gegenüber Dezember). Es ist unwahrscheinlich, dass die Leitzinsen auf der nächsten Sitzung im Mai gesenkt werden. Was jedoch geschehen wird, ist eine Verlangsamung des Tempos der quantitativen Straffung. Die Bilanz wird zwar weiter schrumpfen, doch eine Verlangsamung des Tempos wird es der Fed ermöglichen, besser einzuschätzen, wann "es genug ist". Gegeben der hawkishen Positionierung im Vorfeld war es für die Märkte eine dovishe Sitzung.

Die US-Notenbank hat beschlossen, die Leitzinsen unverändert zwischen 5,25 und 5,5 % zu belassen. Dies ist keine Überraschung und wurde sowohl von den Investoren als auch Analysten weitgehend erwartet. Interessant ist jedoch, dass die geldpolitische Erklärung im Vergleich zum Jänner nicht verändert wurde. Das Wirtschaftswachstum wird als solide, der Arbeitsmarkt als stark und die Inflation als nachlassend, aber immer noch hoch eingeschätzt. In Anbetracht der Beschleunigung der Inflationsdynamik seit der letzten FOMC-Sitzung (Daten für Januar und Februar) hätte man ein stärkeres Wort der Vorsicht erwarten können. Dies war jedoch nicht der Fall, was darauf hindeutet, dass die Fed die Situation heute nicht wesentlich anders einschätzt als noch vor zwei Monaten. Außerdem beschloss der FOMC, die kurzfristige Forward Guidance für die Leitzinsen unverändert zu belassen. Darin heißt es: "Der Ausschuss geht nicht davon aus, dass eine Verringerung des Zielkorridors [der Leitzinsen] angemessen ist, solange er nicht mehr darauf vertraut, dass sich die Inflation nachhaltig in Richtung 2 % bewegt". Somit wird es auf der nächsten Sitzung am 1. Mai keine Zinssenkung geben.

Das Hauptaugenmerk lag ohnehin auf den aktualisierten Wirtschaftsprognosen, insbesondere auf den Erwartungen für die Federal Funds Rate. Der Median für 2024 blieb unverändert, d.h. drei Zinssenkungen von je 25 Basispunkten bis zum Jahresende, wahrscheinlich ab Juni. Allerdings hat sich die Verteilung leicht nach oben verschoben, und auch für 2025 ist der Median gestiegen, was drei statt vier Zinssenkungen nahelegt (ähnlich wie 2026). Bei den anderen Indikatoren wurden die Prognosen für das BIP-Wachstum nach oben korrigiert, am stärksten für 2024 (2,1 statt 1,4 %). Auch die Inflationsprognosen wurden nach oben korrigiert, allerdings eher selektiv. Die Aufwärtskorrektur der PCE-Kerninflation von 2,4 auf 2,6 % für 2024 ist in dieser Hinsicht am auffälligsten. Dies spiegelt höchstwahrscheinlich die höhere Ausgangsbasis nach höher als erwarteten Inflationsveröffentlichungen für Januar und Februar wider. Insgesamt entsprachen die Wirtschaftsprognosen unseren Erwartungen, die die Aussichten vom Dezember weitgehend bestätigten, aber auch einige aufwärts gerichtete Risiken widerspiegeln.

Die Reaktion des Marktes kann als dovish bezeichnet werden. Treasury-Renditen, insbesondere von kurzen Laufzeiten, gingen zurück, und der US-Dollar schwächte sich ab. Unserer Ansicht nach spiegelt dies vor allem die Positionierung des Marktes in Erwartung hawkisher Überraschungen in den Tagen vor der Sitzung wider. Während die Richtung an den Märkten für kurzfristige Anleihen und die Währung recht klar war, war diese für die 10-jährige Rendite volatil und unentschlossen. Die etwas höhere Einschätzung des längerfristigen / neutralen Zinssatzes der Fed könnte eine Ursache dafür gewesen sein, dass die Anleger zögerlicher waren, Durationsrisiken einzugehen.

Wie bei den meisten FOMC-Sitzungen enthielt die Pressekonferenz wichtige Details. Der Vorsitzende Powell bezeichnete die höheren Inflationswerte von Januar und Februar als unangenehm, aber nicht als Grund zur Panik. Die höheren Inflationswerte haben die Gesamtsicht nicht verändert, sondern vielmehr bestätigt, dass der Weg zur Preisstabilität holprig ist. Der Offenmarktausschuss sieht dies als Bestätigung dafür, dass nach dem Inflationsoptimismus im vierten Quartal 2024, als die Inflationsdaten unter den Erwartungen lagen, weiterhin Vorsicht geboten ist. Was die Aussichten angeht, so muss die Fed mehr Vertrauen gewinnen, um mit Zinssenkungen zu beginnen. Zur Frage, wann dieses größere Vertrauen erreicht sein könnte, machte der Vorsitzende Powell keine Andeutungen, sondern betonte den datengesteuerten Ansatz der Fed. Bemerkenswert ist, dass Powell dieses Mal den Arbeitsmarkt etwas stärker hervorhob. Auch eine unerwartete Verschlechterung der Arbeitsmarktbedingungen könnte die Fed zu einer Zinssenkung veranlassen, so Powell. Für die Märkte wird die Volatilität der Zinssätze bei der Veröffentlichung wichtiger Inflations- und Arbeitsmarktdaten hoch bleiben. Wir halten eine erste Zinssenkung im Juni weiterhin für das wahrscheinlichste Szenario.

Zuletzt ist das Thema Notenbankbilanz wichtig. Es scheint so zu sein, dass am Ende tatsächlich eine Entscheidung über die Bilanz früher getroffen wird als über die Leitzinsen. Während die offizielle geldpolitische Erklärung die Wortwahl zum Bilanzabbau (QT) beibehielt (entsprechend dem vorher angekündigten Plan), deutete Powell recht klar an, dass eine Entscheidung auf der nächsten Sitzung zu erwarten sei. Der FOMC begann auf dieser Sitzung mit der Diskussion über die Verlangsamung des Wertpapierabbaus der Fed. Eine Entscheidung wird "ziemlich bald" getroffen werden, was stark auf die nächste Sitzung hindeutet. Themen im Zusammenhang mit Änderungen der Bilanzzusammensetzung (Umschichtung von MBS zu Treasuries oder von langfristigen zu kurzfristigen Laufzeiten) sind (noch) nicht zu erwarten. Die Motivation für eine Verlangsamung bei QT liegt darin, eine Situation wie 2019 vermeiden zu wollen, als das Angebot an Reserven viel früher als erwartet knapp wurde. Eine Verlangsamung bei QT wird der Fed Zeit geben, die Märkte auf Anzeichen einer Verknappung nicht nur im Aggregat, sondern auch in der Verteilung zu beobachten.

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Franz ZOBL

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Franz ist seit 2020 im Team Economics, Rates, FX bei Raiffeisen Research tätig und beschäftigt sich federführend mit US-Geldpolitik, Benchmark Renditen und EUR/USD. Als Volkswirt blickt er auf einige Jahre Berufserfahrung im Finanzsektor zurück. Er hält einen PhD von der London School of Economics und hat an der Wirtschaftsuniversität Wien, der Universität Wien sowie der Universität Tilburg studiert. Er ist Autor wissenschaftlicher Artikel im Bereich der Makroökonomie und hegt eine Leidenschaft für Wirtschaftsgeschichte.