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Perspektiven: 20 Jahre EU & Zentraleuropa, Fort- & Rückschritte plus Wendungen

Die EU-Osterweiterung nach Mitteleuropa (CE, 2004) ist makroökonomisch ein Erfolg. Das gilt trotz einiger Wendungen und Neuausrichtungen. Der boomende Handel und substanzielle Direktinvestitionen (ADI) haben einen anhaltenden Aufholprozess gegenüber Westeuropa begünstigt. Im Bankensektor sind die Aufholtrends vielschichtiger. DIE "Konvergenzgewinner" sind in Summe (makroökonomisch, Bankensektor) vermutlich Tschechien und die Slowakei. Interessanterweise verfolgten beide Länder sehr unterschiedliche Strategien, bei basaler Ähnlichkeit. Heimische Banken sind in CE eine dominierende Kraft (Marktanteil 25 %). In Zukunft könnte die CE-Region von erzielten Erfolgen und aktuellen geo-ökonomischen Trends profitieren – wenn es gelingt, sich nicht in eine eigene Ecke zu stellen.

Mitteleuropa: In 20 Jahren von weniger als Niederlande zu ähnlichem Niveau wie Italien

Seit 2000 und 2004 (EU-Beitrittsdatum) haben alle damals neuen mitteleuropäischen EU-Mitglieder eine bemerkenswerte makroökonomische und einkommensmäßige Konvergenz verbuchen können. In dieser Zeit ist ihr Anteil am gesamten EU-BIP (in nominalen Werten) von nur 4-5 % auf 8,6-9,2 % gestiegen, der BIP-Anteil in der EU hat sich fast verdoppelt. Insgesamt verlief die wirtschaftliche Aufholjagd gegenüber Westeuropa in den letzten zwei Dekaden recht reibungslos, wenn auch mit einer Verlangsamung von 2009 bis 2014 und teilweise bis 2016. Darauf folgte in den letzten fünf bis sieben Jahren eine weitere starke und solide zweite Konvergenzphase, die sich jedoch in ausgewählten Ländern während der jüngsten Krisen (Energiekrise, COVID-19) wieder verlangsamte, vor allem in Tschechien. Die skizzierte regionale makroökonomische Verlangsamung des Aufholprozesses im Vergleich zu Westeuropa ist ein Hinweis darauf, dass es in ausgewählten CE-Ländern gewisse Wendungen und Neuausrichtungen gab.

Dennoch war die EU-Osterweiterung nach CE eine wirtschaftliche Erfolgsgeschichte. Im direkten Vergleich mit größeren einzelnen westlichen EU-Ländern bedeutet dies, dass die CE-5 Länder (Polen, Ungarn, Slowakei, Slowenien, Tschechien) bzw. die CE-8 Staaten (CE-5 plus Baltikum) in Summe ihr relatives BIP-Gewicht von etwa 28-30 % des italienischen BIP (2000) auf fast 80 % des BIP Italiens (2024) gesteigert haben. Im Vergleich zu den Niederlanden bedeutet dies, dass das aggregierte BIP der CE-Region nominal nun deutlich größer ist als das der fünftgrößten EU-Wirtschaft. Heute liegt die Wirtschaftskraft (BIP) der CE-Länder bei 145-160 % der niederländischen Wirtschaft (nur 77-80 % im Jahr 2000).

Aufholen CE-5 vs IT & NL
Quelle: Eurostat, IWF, RBI/Raiffeisen Research
Aufholen CE-5 vs EU
Quelle: Eurostat, IWF, RBI/Raiffeisen Research

Der Vergleich des Pro-Kopf-BIP (auf Basis der Kaufkraftparität, KKP) zeigt ebenfalls einen kontinuierlichen und raschen Anstieg (insbesondere im ersten Jahrzehnt) in Richtung der EU-Durchschnittswerte. Den größten Sprung machte Polen, das 2004 am weitesten zurücklag und dessen Pro-Kopf-BIP von 43 % des EU-Schnitts im Jahr 2004 auf 81 % anstieg. Im Falle Tschechiens war es (damals wie heute) am höchsten: 76 % im Jahr 2004 und 87 % im Jahr 2023 (Ungarn und die Slowakei weisen hier Werte von 76 % bzw. 74 % auf). Das teils recht hohe Einkommensniveau im Vergleich zum EU-Schnitt bedeutet jedoch: Der Spielraum für eine weitere "einfache" wirtschaftliche Konvergenz von nun an wird sehr viel kleiner. Die letzten 10 Prozentpunkte der Einkommenslücke zum EU-Durchschnitt sind sehr viel schwieriger aufzuholen, oder nur mit komplexeren Investitionen und Reformen.

In den letzten 20 Jahren setzte sich die wirtschaftliche Konvergenz trotz Störungen und Krisen wie der globalen Finanzkrise (GFC), der Euro-Staatsschuldenkrise, der Energiekrise oder der Pandemie fort. Zumindest war trotz eines teilweisen Stillstands der wirtschaftlichen Konvergenz kein säkularer Rückgang oder eine Umkehrung der Konvergenz, wie in anderen Teilen der EU, zu erkennen. Damit gilt: Die CE-Länder haben erwartbare Vorteile der EU-Mitgliedschaft voll genossen, auch wenn dies in einigen Aspekten (übermäßige Abhängigkeit von billigen Arbeitskräften als Wettbewerbsvorteil, geringe Diversifizierung der Industrie bei einem hohen Anteil der Automobilindustrie u.a.) zu gewissen Pfadabhängigkeiten geführt hat.

(Fast) Ununterbrochene Konvergenz in CE
Quelle: IWF, RBI/Raiffeisen Research

CE: EU-Beitritt und Außenhandelsentwicklung - Anstieg des intraregionalen Handel

Der EU-Beitritt der CE-Länder, einschließlich der Dynamiken vor dem Beitritt, war ein Katalysator für tiefgreifende Veränderungen. Nach der raschen Umgestaltung der 1990er Jahre erleichterte der EU-Eintritt den Zugang zu neuen Märkten und Investoren und führte zu geringeren Transaktionskosten, was eine weitere rasche Entwicklung begünstigte. Dies lässt sich am besten an den Handelsströmen ablesen, die in den ersten Jahren der EU-Mitgliedschaft rapide zunahmen, wobei dieser Trend vorübergehend durch die Weltwirtschaftskrise 2008/09 und die Staatsschuldenkrise im Euroraum unterbrochen wurden. Dennoch stiegen die Exporte zwischen 2004 und 2023 in Ungarn um das 3,9-fache und in Polen sogar um das 7,4-fache. Die entsprechenden Kennzahlen liegen bei 5,5 im Falle Tschechiens und 5,6 für die Slowakei. Darüber hinaus intensivierten sich die Exporte nicht nur mit den EU-Ländern, sondern die EU-Mitgliedschaft unterstützten auch die Expansion in neue Märkte außerhalb der EU. Zudem begünstige die Binnenmarktmitgliedschaft auch einen verstärkten intraregionalen Handel (innerhalb von CE oder auch mit Südosteuropa, SEE) – ein Trend, der sich in den letzten Jahren beschleunigte. Gegenwärtig (Daten von 2022) liegt der aggregierte intraregionale Handel von CE (plus SEE) fast auf dem Niveau des Außenhandels mit der Wirtschaftsmacht Deutschland (26 % mit CE/SEE vs. 28 % mit Deutschlandhandel bei den Exporten, im Vergleich zu 20 % bzw. 30 % im Jahr 2005). Die skizzierten Relationen zeigen einen tendenziellen Rückgang des Anteils Deutschlands als dominierender Außenhandelspartner und einen Anstieg von CE/SEE zwischen 2005 und 2022. Nicht zu vergessen ist, dass sich die hohen Leistungsbilanzdefizite der CE-Länder mit der deutschen Wirtschaft seit dem EU-Beitritt (teilweise) korrigiert haben.

Außenhandelsoffenheit (Außenhandel, % des BIP)
Quelle: Weltbank, RBI/Raiffeisen Research

Die starke Außenhandelsleistung führte zu einem säkularen Anstieg der Handelsoffenheit in den CE-Ländern. Im Durchschnitt betrug der Außenhandel vor etwa zwanzig Jahren (2000) etwa 80 % des BIP. Bis zum EU-Eintritt stieg diese Quote auf 104 % und pendelte sich zuletzt bei 141 % ein. Spitzenwerte der Außenhandelsoffenheit weisen Ungarn und die Slowakei mit 190–200 % des BIP auf. Selbst die größere polnische Volkswirtschaft ist für den Außenhandel genauso offen wie Österreich. Daher ist die CE-Region viel stärker vom Außenhandel abhängig als andere gut etablierte kleine und handelsoffene EU-Volkswirtschaften, wie etwa die Niederlande oder Österreich. Hier liegen die Außenhandelsquoten bei 120-170 % des BIP. Der hohe Grad an Handelsoffenheit spiegelt die solide internationale Wettbewerbsposition der Region wider. Der hohe Grad der Handelsoffenheit in CE erhöht jedoch die direkte und indirekte Anfälligkeit für weltwirtschaftliche Rückschläge oder Schock, was einen Risikofaktor darstellt. Das gilt insbesondere im Hinblick auf geopolitische Risiken. Nicht zu vergessen ist, dass die nach wie vor starke Verflechtung mit dem Wirtschaftspartner Deutschland dazu führt, dass die CE-Länder konjunkturellen und weltwirtschaftlichen Risiken (vor allem im Industriesektor) besonders ausgesetzt sind.

CE-5: Bestand Ausländische Direktinvestitionen (ADI, % des BIP)
Quelle: Eurostat, IWF, RBI/Raiffeisen Research

CE: EU-Beitritt und Hotspot für ausländische Direktinvestitionen

Mit relativ niedrigeren Arbeitskosten im Vergleich zu Westeuropa, Reformen und Vorschriften, die durch die EU-Mitgliedschaft gefördert wurden, sowie einer immer besseren infrastrukturellen Anbindung an Westeuropa (auch auf Grundlage von EU-Mitteln) wurden die CE-Länder zu einem äußerst attraktiveren Markt für Ausländische Direktinvestitionen (ADI), was zu einem säkularen Anstieg der ADI seit 2004 um über 130 % im Falle Tschechiens und fast 300 % in Polen führte (auf 62 % des BIP in Tschechien und 38 % des BIP in Polen im Jahr 2022, was den Unterschied in der Größe der Volkswirtschaften widerspiegelt). Die Dynamik zwischen 2004 und 2021/2022 betrug in den anderen Ländern der Region 146 % in Ungarn und 226 % in der Slowakei. Aus einer breiteren europäischen und EU-Perspektive ist die Region CE durch hohe inländische ADI-Bestände (eingehende ADI) gekennzeichnet.

Ausweitung von Handel und FDI - nur ein Goldlöckchen-Szenario?

Insgesamt sprechen die Offenheit für den Handel plus die hohe Durchdringung mit eingehenden ADI-Beständen für die Wettbewerbsfähigkeit der Region CE. Dabei geht es um die preisliche Wettbewerbsfähigkeit sowie weitere qualitative Wettbewerbsfaktoren (z.B. Zugang zu EU-Märkten und EU-Mitteln, Qualifikation der Arbeitskräfte, digitale Reife). Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich hier auch Vorteile aus der aktuellen geopolitischen Neukonfiguration der Weltwirtschaft in Wirtschaftsblöcke, einschließlich der EU, ergeben könnten. Die CE-Region kann als attraktives Sprungbrett in die EU gesehen werden, was sich teilweise in Produktionsverlagerungen westlicher Unternehmen in die Region und in chinesischen ADI-Aktivitäten ("Nearshoring", "Friendshoring") niederschlägt. Angesichts der Vorlaufzeiten für neue Standorte und des sich nur langsam abzeichnenden Bedarfs an echten Neuinvestitionen oder Kapazitäten bei vielen internationalen Großunternehmen könnten hier die größten Effekte noch vor uns liegen.

Der im Vergleich zu anderen EU-Ländern hohe Abhängigkeit von ADI sowie die sehr hohe Außenhandelsoffenheit haben in den letzten Jahren auch Anlass zu einigen kritischeren lokalen Debatten über eine übermäßige Abhängigkeit vom Ausland gegeben. Dies gilt insbesondere für (vermeintlich) hohe Dividendenabflüsse oder zu geringe lokale Reinvestitionen als Folge von ADI-Engagements. Dies hat zum Teil zu Verstaatlichungen oder Verstaatlichungstendenzen geführt, wie in Ungarn und zum Teil in Polen (vor allem im Bankensektor).

Nationale und lokale Bestrebungen, sogenannte "Local Champions" mit regionalen oder EU-weiten Expansionsbestrebungen zu fördern, sind in gewissem Maße sinnvoll gegeben die skizzierten Trends. Schließlich führt eine übermäßige Abhängigkeit von ausländischen Unternehmen und Kapitalzuflüssen nicht immer zu optimalen Ergebnissen. Die teils asymmetrische Einbindung der CE-Region in die Wertschöpfung Europas zeigt sich auch an den großen Unterschieden zwischen den eingehenden und den ausgehenden ADI (d. h. den geringen ADI-Beständen im Ausland). Allerdings haben insbesondere ADI aus Deutschland und Österreich vor Ort in der Regel hohe positive lokale und soziale Effekte, da hier meist eine hohe Re-Investitionstätigkeit stattfindet (eine relevante wiiw-Studie finden Sie hier: Economic and Social Impacts of FDI in Central, East and Southeast Europe).

Penetration Ausländische Direktinvestitionen (% des BIP, 2022)
Quelle: OECD, RBI/Raiffeisen Research

Einseitige Konvergenz bei der Wirtschaftskraft - nicht im Bankwesen

Im Vergleich zur wirtschaftlichen Konvergenz ist das Bild alles andere als homogen, wenn es um die CE-Bankensektoren und das Tempo der (aufholenden) finanziellen Vertiefung geht (financial deepening). Interessanterweise erwies sich die Konvergenz der Einkommensniveaus in Richtung des Euroraum-Durchschnitts zwar als mehr oder weniger ununterbrochen, der Grad der Finanzintermediation (Kredite in Relation zum BIP) konnte hingegen nicht jederzeit und kontinuierlich zulegen. Es hab sogar teils drastische Umkehrungen. In Bezug auf die Finanzsektorentwicklung stechen Tschechien und die Slowakei positiv hervor, während in Ungarn und Slowenien die Finanzintermediationsquote im Vergleich zum Euroraum nach wie vor viel niedriger ist als 2009 bzw. sogar 2002; im Falle Polens ist der Aufholprozess des Finanzsektors seit 2009 zum Stillstand gekommen – im Gegensatz zum wirtschaftlichen Aufholprozess insgesamt.

Bankkredite/BIP (Balken) vs. Pro-Kopf-BIP zu KKP (Linie)
% des Durchschnitts der Eurozone
Quelle: Zentralbanken, Weltbank, EZB, Eurostat, RBI/Raiffeisen Research

Finanzielle Vertiefung - wie viel Konvergenzpotenzial ist noch vorhanden, wo liegen die neu entstehenden Geschäftsmöglichkeiten?

Ebenso wie bei der wirtschaftlichen Integration hatte die Aussicht auf den EU-Beitritt in Polen, Tschechien, Ungarn, der Slowakei und Slowenien (kurz CE-5) lange vor dem EU-Beitritt Optimismus hinsichtlich der Expansion der Bankenmärkte geweckt. Betrachtet man das Verhältnis der Gesamtaktiva des Sektors zum BIP (das zentrale Maß für den Entwicklungsgrad eines Bankensektors), so lässt sich bereits seit Anfang der 2000er Jahre ein Anstieg des Grads der Finanzintermediation feststellen. Dieser Trend hielt bis 2009 ungebrochen an, was nicht zuletzt durch das aktive Engagement ausländischer (auch österreichischer) Bankengruppen unterstützt wurde. Diese Akteure hatten seit Anfang der 1990er Jahre auf die Region gesetzt, während die europäische Industrie (und die deutschen Unternehmen) ebenfalls in die CE-Region drängten, wie die starken ADI-Zuflüsse schon lange vor dem EU-Beitritt zeigten. Fairerweise sollte man aber auch den europäischen "Super-Kredit-Zyklus" von 1999/2000 (Gründung Eurozone) bis 2008/2009 (GFC) im Auge behalten. In fast allen Bankenmärkten in Europa und insbesondere in Ländern mit noch geringerer Marktdurchdringung konnte damals die Verschuldung zulegen bzw. die Relation Kredite-zum-BIP. Dies gilt für die Eurozone insgesamt, besonders für die sogenannten "Peripherieländer" des Euroraums, aber auch für andere mittel- oder südosteuropäische Länder, die nicht in der ersten EU-Osterweiterungsrunde waren (z. B. Rumänien und Bulgarien, Kroatien). In dieser Hinsicht waren die globalen, europäischen und regionalen Wirtschafts- und Kapitalmarkttrends zu dieser Zeit eng miteinander verflochten.

Nachdem die CE-5-Bankenmärkte ihre erste Expansionsphase nahezu parallel vollzogen hatten, gerieten sie im Zeitraum 2010–2015 in ein komplexeres Fahrwasser, das anfängliche einheitliche Wachstumsmuster endete. Ein ausgedehnter Kreditabschwung im Euroraum im Anschluss an die GFC belastete die osteuropäischen Bankenmärkte, während einzelne CE-Märkte auch mit länder- und/oder bankensektorspezifischen Risiken konfrontiert waren, die während der anfänglichen aktiven Wachstumsphase akkumuliert wurden. Dies gilt insbesondere für Ungarn und Slowenien, wo der Grad der finanziellen Durchdringung möglicherweise über ein fundamental solides Niveau hinausgegangen war oder die Geschwindigkeit der Kreditexpansion möglicherweise zu extrem war. Im Falle Ungarns verursachte zudem die umfangreiche Vergabe von Fremdwährungskrediten an Privatkunden erhebliche Auswirkungen auf den Bankensektor, während Slowenien aufgrund des frühen Beitritts zum Euroraum (im europäischen "Super-Kredit-Zyklus") unter einem überbordenden extern finanzierten Verschuldungszyklus litt. Die letzten acht Jahre bis 2023 waren im CE-Bankensektor in Summe nur von einer moderaten Steigerung des Grads der Finanzintermediation gekennzeichnet, abgesehen von einem kurzen Aufflackern der antizyklischen Kreditvergabe während COVID-19 Krise. Die eher verhaltene Entwicklung der letzten Jahre zementierte eher die relative Position der CE-5-Länder in Bezug auf ihren finanziellen Reifegrad, wobei Tschechien und die Slowakei auf der einen Seite und dann Slowenien plus Ungarn auf der anderen Seite jeweils die Ober- bzw. Untergrenze der Finanzintermediationsraten in der Region definieren.

Aktiva Banken (% des BIP)
Quelle: Zentralbanken, EZB, RBI/Raiffeisen Research
Bankdarlehen (% des BIP)
* ohne Kredite an MFIs und den Staat
Quelle: Zentralbanken, EZB, RBI/Raiffeisen Research

Eine rückblickende Betrachtung kann Aufschluss darüber geben, warum sich einige CE-Länder in ihrem Konvergenzprozess im Bankensektor als standhafter erwiesen haben. Wenn man 25 Jahre zurückblickt, wiesen alle CE-5-Bankenmärkte zur Jahrtausendwende ein Verhältnis Gesamtaktiva-zum-BIP von weniger als 50 % des Durchschnitts des Euroraums auf, während die Bilanzen noch immer die Hinterlassenschaften des Übergangs nach dem Kommunismus enthielten. Tschechien und die Slowakei gingen von einem nominell höheren Niveau der Finanzintermediation aus (Gesamtaktiva/BIP von über 90 % im Jahr 1999), aber sie durchliefen nach der Transformation von 1998/99 auch eine umfangreiche Bereinigung ihrer (Unternehmens-)Kreditportfolios, die parallel zur Privatisierung der Großbanken an strategische ausländische Investoren durchgeführt wurde. Man könnte argumentieren, dass die daraus resultierende Dominanz westeuropäischer Banken den Sektoren Stabilität verlieh und im Falle der Slowakei auch zu einer reibungslosen späteren Einführung des Euro beitrug. Nur diese beiden CE-Länder (Slowakei & Tschechien) konnten einen stetigen Anstieg der Bankkredite im Verhältnis zum BIP von etwa 25 % in den Jahren 2001/2002 auf 50–70 % im Jahr 2023 verbuchen, einschließlich eines markanten Wachstums des gesellschaftlich wichtigen und lokal bedeutsamen Marktes für Wohnungsbaukredite. In Ungarn, Polen und Slowenien (Gesamtaktiva/BIP von 50 bis 70 % im Jahr 1999) gewannen ausländische Banken ebenfalls an Marktgewicht (in Slowenien in geringerem Umfang). Zu Beginn der 2000er Jahre befanden sich die größten Akteure jedoch noch in staatlicher Hand (mehrheitlich oder über eine "goldene Aktie"). Obwohl eine aktivere Rolle des Staates auf diesen Märkten bis Ende 2009 kein Hindernis für eine deutliche Kreditexpansion darstellte, fehlte es nach der GFC und der anschließenden Staatsschuldenkrise im Euroraum möglicherweise an einer breiteren Unterstützung durch externe Anteilseigner. So hat beispielsweise die europäische Doppelrezession der Jahre 2009-2012 in Slowenien mit einer anschließenden Kreditklemme einen großen Teil der finanziellen Vertiefung zunichtegemacht, die das Land im ersten Abschnitt der Konvergenz erreicht hatte. Die strukturell notwendige Entschuldung in Ungarn bedeutete ebenso einen deutlichen Rückgang des Grades der Finanzintermediation. Es muss jedoch betont werden, dass ausländische Banken auch eine wichtige Rolle dabei spielten, die CE-5-Länder im Rahmen der "Wiener Initiative" (1.0) vor weitreichenden und negativen Auswirkungen der GFC auf den regionalen Bankensektor zu bewahren. Letztere erwies sich als innovatives und erfolgreiches Format zur Koordinierung zwischen privaten Akteuren und dem öffentlichen Sektor (für eine Bewertung, zu der wir beigetragen haben, siehe hier: EIB, Ten years of the Vienna Initiative 2009-2019).

Nicht nur in Slowenien (oder in Teilen der sogenannten "Peripherie" des Euroraums) hat das Zusammenspiel zwischen GFC und der europäischen (Staats-)Schuldenkrise einen "ungesunden" Teil der Kreditvergabe-Euphorie vor der globalen Finanzkrise korrigiert. In diesem Zusammenhang ist die Welle von Fremdwährungskrediten an Privatkunden in Polen und Ungarn zu erwähnen (die in einigen Fällen nicht durch inländische Einlagen, sondern durch Auslandskredite der Banken finanziert wurden). Während diese Kreditform für exportierende Firmen geeignet gewesen sein mag, wirkte sich die kühne Ausweitung der Fremdwährungskredite an private Haushalte angesichts der unterschätzten Wechselkursrisiken für EU-Neulinge letztlich stark nachteilig auf die Banken aus, was im Falle der CHF-Hypothekenkredite polnischer Banken bis heute zu spüren ist. Möglicherweise haben auch zu optimistische Beitritts- und Konvergenzerwartungen in Bezug auf die Euromitgliedschaft in CE die Fremdwährungskreditvergabe in der Region unterstützt.

Andererseits erwies sich die EU-Mitgliedschaft, in der Slowakei in Verbindung mit der Euro-Mitgliedschaft, als entscheidend für die Freisetzung eines beträchtlichen Potenzials des Wohnimmobilienkreditmarktes. Hier ist die Slowakei das "Aushängeschild", wo in Bezug auf die Immobilienkreditpenetration in den letzten zwanzig Jahren das Durchdringungsniveau wohlhabenderer westlicher Volkswirtschaften erreicht wurde (Wohnungsbaudarlehen/BIP >30 %). Neben Verbesserungen des institutionellen und rechtlichen Rahmens spielte hier der Zugang zu langfristigem Kapital bzw. die Möglichkeit der Emission gedeckter Schuldverschreibungen (Covered Bonds) eine gewichtige Rolle. So war der Zugang zu einem breiten, auf dem Euro basierenden Anlegerpool möglich. Dank der Vereinheitlichung der grundlegenden Vorschriften für gedeckte Schuldverschreibungen (Covered Bonds) im Jahr 2022 ist dies nun auch für Nicht-EUR-EU-Länder denkbar. Solche Instrumente bieten Banken stabile langfristige Refinanzierungsmöglichkeiten, ein Eckpfeiler der strukturellen Entwicklung des Hypothekenmarktes.

Auch polnische Banken haben eine (begrenzte) Präsenz auf dem europäischen Markt für gedeckte Schuldverschreibungen (Covered Bonds) etabliert, während es sich in Tschechien und Ungarn nach wie vor eher um einen inländischen Markt handelt, der durch große bankübergreifende Bestände gekennzeichnet ist, jedoch die Aussicht auf eine breitere Öffnung für ausländische Investoren bietet. Die slowenischen Banken verfügen zwar über die gesetzliche Grundlage für gedeckte Schuldverschreibungen, müssen sich diese Finanzierungsquelle am Markt aber erst noch erschließen. Infolgedessen steht das kräftige Wachstum des Wohnimmobilienkreditmarktes in der Slowakei im Zeitraum 2004-2022 in krassem Gegensatz zu Polen, Slowenien und vor allem Ungarn, wo die Dynamik der Wohnungsbaukredite im Verhältnis zum BIP nach der GFC deutlich nachließ. Im Falle Ungarns fiel die Marktdurchdringung mit Wohnimmobilienkredite bis 2023 auf unter 10 % des BIP. Damit hat Ungarn hier die "Rote Laterne" übernommen bzw. weist die unterste Position unter Ländern mit ähnlichem Wohlstandsniveau auf – europäische Länder mit einem Pro-Kopf-BIP (KKP) von 40-50 000 USD, zu denen auch alle CE-5-Märkte gehören. Positiv zu vermerken ist, dass aber hier nun ein Aufholpotenzial besteht, das teils durch staatliche Initiativen unterstützt wird. Die schon erfolgten deutlichen geldpolitischen Lockerungen in Nicht-EUR-CE-Länder im aktuellen geldpolitischen Zyklus in Verbindung mit gezielten staatlichen Programmen sorgt dafür, dass sie im Jahr 2024 einen Vorsprung bei der Erholung der Hypothekarkredite haben im Vergleich zu Westeuropa.

Ausstehende Wohnbaukredite (% des BIP)
Quelle: EZB, RBI/Raiffeisen Research
Reifegrad der Märkte für Wohnbaukredite (2023)
Quelle: Zentralbanken, EZB, IWF, RBI/Raiffeisen Research

Was das Unternehmenssegment anbelangt, so haben die turbulenteren Zeiten von 2010-2015 gezeigt, dass lokale Bankkredite für Unternehmen eine immer geringere Rolle spielen, da sie sich verstärkt alternativen (grenzüberschreitenden) Finanzierungsmöglichkeiten zuwenden. Dies kann zum Teil auf ADI-Verflechtungen und die entsprechende Finanzierung durch Muttergesellschaften zurückgeführt werden, bis zu einem gewissen Grad kann jedoch auch von einer erhöhten Neigung zur Kreditaufnahme bei ausländischen Finanzinstituten ausgegangen werden. In der Tat weisen die CE-5-Länder 2022/2023 den historisch niedrigsten Anteil lokaler Bankkredite an der gesamten Fremdfinanzierung der Unternehmen (Kredite und ausstehende Schuldverschreibungen) auf, der unter 50 % liegt. Ebenso ist die Region in den letzten Jahren größtenteils auf der Stelle getreten, wenn wir den Anteil der Unternehmenskredite der CE-Banken am BIP (~20 % oder weniger) dem Durchschnitt der Eurozone (35-40 %) gegenüberstellen. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Trends in der Region und der geoökonomischen Entwicklungen (z.B. zunehmende wirtschaftliche Integration zwischen den CE-5-Ländern oder mit SEE, Wiederentdeckung der CE-Länder im Prozess der globalen Near- und Friendshoring-Reallokation) sehen wir nun auf diesem niedrigeren Niveau der Finanzintermediation im Firmenkreditbereich ein Wachstumspotenzial.

Anteil Bankdarlehen Fremdkapitalfinanzierung Firmen (NFC)*
* Kredite lokaler Banken an gebietsansässige NFCs in % der gesamten ausstehenden Kredite und Schuldverschreibungen der NFCs (konsolidierte jährliche Sektorkonten)
NFC - Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften (Non-Financial Corporates)
Quelle: Zentralbanken, Eurostat, RBI/Raiffeisen Research

CZ & SK: Die solidesten Konvergenzerzählungen - gleich, und doch anders

Insgesamt kann man in Tschechien, der Slowakei und in geringerem Maße in Polen von einer reibungsloseren finanziellen Vertiefung und wirtschaftlichen Konvergenz in Richtung des Niveaus der Bankenintermediation in der EU bzw. im Euroraum sprechen, während Ungarn und Slowenien einige schmerzhafte "Boom-and-Bust"-Episoden prägten. Dies ist zum Teil auf zu aggressive Marktwachstumsstrategien zurückzuführen, während makro- und mikroprudenzielle Regulierungen, die nicht immer zielgerichtet waren, oder ein Mangel an Instrumenten und Verständnis zu jener Zeit ebenfalls eine Rolle spielten. Die Neupositionierung großer in der Gesamtregion CEE tätiger pan-europäischer ausländischer Banken sowie der zunehmende Wettbewerb durch nationale Champions, die in den letzten Jahren ebenfalls starke Wachstumsambitionen an den Tag legten, trugen zu den divergierenden Entwicklungen der Bankenmärkte in Mittel- und Osteuropa bei. So sehen wir, dass westliche Bankengruppen ihre tschechischen und slowakischen Portfolios kontinuierlich aufstocken, während sie in den anderen CE-5-Märkten weniger aktiv sind. Gegenwärtig wird die Neupositionierung westlicher Banken in der Region offensichtlich auch von geopolitischen Fragen und/oder Fragen im Zusammenhang mit der EU-Integration bestimmt. Westliche Banken tendieren derzeit dazu, in die stabileren und berechenbareren CE-Märkte zurückzukehren. Der relative Anteil der CE-Region an den Gesamtengagements westlicher Banken in der CEE-Region ist fast wieder auf dem Niveau von 2004 bei 70 % aller CEE-Aktiva, (nur noch ca. 56 % 2008), während der Anteil der osteuropäischen Länder (Russland, Ukraine, Belarus) langfristig und strukturell gesunken ist.

Im Hinblick auf die makroökonomische und bankwirtschaftliche Konvergenz können Tschechien und die Slowakei als die langfristig erfolgreichsten EU-Beitrittsländer aus CE angesehen werden. Interessanterweise haben beide Länder sehr unterschiedliche Entwicklungsstrategien und -wege verfolgt. Insbesondere im Bankensektor haben beide Länder aber einen stetigen, wohlstandsfördernden Prozess der finanziellen Vertiefung durchlaufen; der für die Bevölkerung unmittelbar spürbare Anstieg der nachhaltigen Durchdringung mit Wohnimmobilienkrediten ist hier am höchsten. Der hohe Anteil ausländischer Eigentümer in beiden Bankensektoren, der zwischen 85 und 90 % liegt, hat dieser Entwicklung offensichtlich nicht im Wege gestanden (einschließlich einer starken Marktanteilsposition österreichischer Banken mit rund 25 % im Falle Tschechiens und fast 40 % in der Slowakei).

Marktanteil Auslandsbanken (% Gesamtaktiva)
Quelle: Zentralbanken, EZB, RBI/Raiffeisen Research

Letztlich haben sich beide Länder tief in die wirtschaftlichen Strukturen der EU integriert. In Tschechien geschah dies auf der Grundlage einer glaubwürdigen geld- und währungspolitischen Autonomie, auch auf der Grundlage einer stabilitätsorientierten Wirtschaftspolitik. Im Falle der Slowakei führte der stabilitätsorientierte Ansatz zu einem recht schnellen Beitritt zum Euro (2009), ohne sich überbordend extern zu verschulden. Der Euroeintritt hat mutmaßlich die reale wirtschaftliche Konvergenz in der Slowakei etwas abgeschwächt. Allerdings hat der Beitritt zum Euroraum die Konvergenz des Bankensektors und die Integration in den Eurokapitalmarkt massiv beschleunigt. Letzteres hat auch die starke Zunahme der Konvergenz im Bereich der Wohnimmobilienkredite gefördert, die auf langfristiger Refinanzierung und Euro-Zinskonvergenz beruht. In dieser Hinsicht werden in Tschechien derzeit auch teilweise die Euro-Möglichkeiten neu bewertet. Zumal hier die faktische Euroisierung in vielen Bereichen zunimmt, während die makroökonomische Entwicklung der letzten Jahre nicht mehr per se auf signifikante Vorteile der geld- und währungspolitischen Flexibilität/Autonomie schließen lässt.

Trotz der wirtschaftlichen Erfolge gab und gibt es – in unterschiedlichem Ausmaß – in beiden Beispiel-Ländern und "Musterschülern" für wirtschaftlichen Erfolg auch populistische Politik, manchmal gepaart mit EU-Skepsis. Dies deutet darauf hin, dass es tiefer liegende Faktoren bzw. Populismustreiber geben muss, die die wirtschaftliche Tangente überschatten.

Aufgepasst: Österreichische Banken stärken ihre Führungsrolle!

Was jedoch stabil bleibt, ist die führende Rolle der österreichischen Banken in der Region, die sie seit ihren Anfängen Mitte der 1980er Jahre beibehalten haben. Wir schätzen, dass österreichische Banken im Jahr 2023 25 % aller Engagements westlicher Banken in den CE-5-Ländern auf sich vereinen und damit weit vor den belgischen (14 %), französischen (14 %), italienischen (11 %) und deutschen (10 %) Kreditinstituten liegen. Dieses aktive Engagement von Auslandsbanken hat insbesondere zur Koordinierung der grenzüberschreitenden Bankgeschäfte in der Region beigetragen. So hat beispielsweise die Wiener Initiative, die erstmals auf dem Höhepunkt der GFC ins Leben gerufen wurde, dazu beigetragen, eine effizientere Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden der Herkunfts- und Vor-Ort-Staaten zu etablieren und auch die Unterstützung der Internationalen Finanzinstitutionen (IFIs) für die Region zu fördern (z. B. Garantien, KMU-Kreditprogramme). In gewisser Weise diente das Forum als Vorläufer für umfassendere EU-Initiativen nach der Finanzkrise zur Verbesserung der Finanzstabilität und der regulatorischen Integration, während es für die CEE-Bankenakteure nach wie vor eine wichtige Plattform (Wiener Initiative 2.0) darstellt (z. B. zur Koordinierung dringender Themen der lokalen Bankensektorentwicklung in Bezug auf regulatorische und/oder Marktrefinanzierungsfragen, z. B. MREL-Finanzierung). In diesem Sinne war die Harmonisierung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften in den mittel- und osteuropäischen Ländern ein wichtiger Schritt in Richtung einer tiefgreifenden und vielschichtigen EU-Integration, die man über die rein quantitativen Konvergenzindikatoren hinaus betrachten sollte. Die Einführung des einheitlichen Regelwerks (Eigenkapitalvorschriften, Einlagensicherungssysteme, Abwicklungsfragen) und der Aufbau der Bankenunion sind wichtige Meilensteine auf dem Weg zu gleichen und stabilen Wettbewerbsbedingungen für Banken in der EU und in CE, auch wenn es noch gewisse nationale Diskrepanzen gibt (z.B. bei der MREL-Kalibrierung) und dies im Allgemeinen noch ein laufender Prozess ist. Die tiefe Einbindung in die internationale und EU-weite Bankenaufsichtspraxis stellt auch sicher, dass moderne makro- und mikroprudenzielle Regulierungsmaßnahmen zielgerichtet umgesetzt werden können und dass die CE-Bankenmärkte und relevante lokale Akteure regelmäßig an EU-weiten Stresstests und dergleichen beteiligt sind. Darüber hinaus haben auch die strengeren Verbraucherschutzrechte für Privatkunden einen Einfluss. Dieses Zusammenspiel von EU-Rahmen und lokaler Regulierung sowie Gesetzgebung kann heute zu einer größeren Widerstandsfähigkeit der lokalen Bankenmärkte beitragen.

Forderungen westlicher Banken CE-Länder (% BIP)
Quelle: BIZ, Eurostat, RBI/Raiffeisen Research
Forderungen westlicher Banken CE-Länder (%)
Quelle: BIZ, Eurostat, RBI/Raiffeisen Research

Betrachtet man die 20-jährige Geschichte der EU-Mitgliedschaft der CE-5-Bankenmärkte, so hat sich gezeigt, dass einige Wachstums-/Konvergenzwetten die anfänglichen Erwartungen nicht erfüllt haben. In dieser Hinsicht haben die letzten 20 Jahre auch gezeigt, dass eine nachhaltige Konvergenzentwicklung, selbst im EU-Kontext – zum Beispiel im Bankensektor – weder eine selbstverständliche Entwicklung noch eine Einbahnstraße ist. Naive und zu optimistische Marktansätze sind zu vermeiden. Dennoch sehen wir die Aussichten der Region als integraler Bestandteil des europäischen Bankenmarktes nach wie vor konstruktiv. In diesem Zusammenhang sehen wir ein großes Potenzial für regionale (grenzüberschreitende) Banken, um die zunehmende lokale Verflechtung innerhalb der Region (d.h. den intraregionalen Handel innerhalb der CE-5-Region und mit den südosteuropäischen Ländern) zu unterstützen und die internationalen Ambitionen der wachsenden lokalen Vorzeigeunternehmen zu fördern. Darüber hinaus können gut etablierte grenzüberschreitende Banken bei der Neukalibrierung der globalen Wertschöpfungsketten helfen, bei der die CE-5-Länder mehr und mehr Aufmerksamkeit von internationalen Investoren erhalten. Dies könnte dazu beitragen, dass die Kreditvergabe an Unternehmen wieder in Schwung kommt. Die Kreditvergabe an nichtfinanzielle Unternehmen (NFC) ist in der CE-Region nach wie vor (nur) halb so hoch wie im Durchschnitt des Euroraums, wobei Polen sogar noch weiter zurückfällt (etwa 33 % des Durchschnitts im Euroraum). Mittelfristig rechnen wir zusätzlich mit dem reichlichen Zufluss von EU-Mitteln, der auf makroökonomischer Ebene und bei der Kreditvergabe an Unternehmen durch einen finanziellen Multiplikator für zusätzliches Wachstum sorgen dürfte. Darüber hinaus könnte die weitere Entwicklung der lokalen Kapitalmärkte und die Integration in die EU-Kapitalmärkte endlich das verbleibende Potenzial bei Hypothekarkrediten in bestimmten CE-Märkten freisetzen, vor allem in den Ländern wie Polen, Ungarn, und Slowenien. (Gunter Deuber, Ruslan Gadeev)

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Gunter DEUBER

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Gunter Deuber leitet seit 1. Jänner 2021 den Bereich Volkswirtschaft und Finanzanalyse (Raiffeisen Research) in der Raiffeisen Bank International (RBI). Seit 2011 ist Gunter Deuber in leitender Position im Volkswirtschafts- und CEE-Research der RBI tätig und hat die Zusammenarbeit mit seinen Research-Kollegen in den Tochterbanken der RBI in CEE kontinuierlich ausgebaut. Seit Anfang der 2000er Jahre analysiert er Volkswirtschaften, Bankensektoren und Marktthemen mit Fokus auf CEE- und EU/Euro-Themen für die RBI in Wien, aber auch im internationalen (Investment-)Banking-Kontext in Frankfurt. Er präsentiert die Sicht von Raiffeisen Research und seines Analyseteams regelmäßig auf Investoren- und Kundenveranstaltungen. Er ist ein gefragter Redner auf zentralen Veranstaltungen der Finanz- und Bankenbranche und Gastlektor an mehreren Universitäten/Lehranstalten. Im Jahr 2019 wurde er für das IVLP (International Visitor Leadership Program) des US-Außenministeriums nominiert. Gunter hat mehrere Sammelbände zu Euro-/EU-Krisenthemen veröffentlicht und diverse Artikel in Fachzeitschriften und Branchenmagazinen publiziert. Außerhalb des Büros genießt Gunter das Reisen mit seiner Familie und das Langstreckenlaufen.

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Dorota STRAUCH

location iconPoland   

Dorota Strauch leitet die Wirtschaftsforschung zu Polen in der RBI-Filiale in Warschau. Sie begann ihre Tätigkeit in der polnischen RBI-Netzwerkbank im Jahr 2010. Im Jahr 2017 wurde sie Leiterin des polnischen Research-Teams. Nach ihrem Master-Abschluss in Financial Markets and Banking vertiefte sie ihr Wissen, indem sie 2016 CFA-Charterholder wurde. In den folgenden Jahren konzentrierte sie sich auf die Verbesserung der Datenanalysefähigkeiten mit Hilfe der Programmiersprache Python. Neben den aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen in Polen und der CEE-Region interessiert sie sich besonders für die Auswirkungen neuer Technologien auf Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.